Ausstellung
Die Orgel
Im Auftrag des | Landkreis Zwickau |
Zeitraum | 2020 - 2021 |
- Kuration
- Ausstellungsgestaltung
- Umsetzung
Die Orgel – sie ist die Königin der Instrumente, imposant im Ausmaß, gewaltig im Klang und weit mehr als ein Kircheninstrument. Ihre Geschichte ist eng mit dem Freistaat Sachsen verwoben, namentlich mit Gottfried Silbermann, dem bedeutendsten Orgelbauer der Barockzeit. Gründe genug für eine Hommage! Die neue Ausstellung Die Orgel – Wunderwerk der Klangkunst im Schloss Waldenburg bei Chemnitz gibt einmalige Einblicke in das Orgelinnenleben, präsentiert die Sammlung der Sächsischen Orgelakademie neu und vermittelt spielerisch Geschichte, Funktion und Schönheit dieses einzigartigen Instruments.
Ins Thema eintauchen
Kuratorisches Konzept
Als Ausstellungsgestalter:innen arbeiten wir normalerweise eng mit Kurator:innen zusammen: Sie haben die Expertise zum Ausstellungsthema und bestimmen die Inhalte. Wir bringen diese dann in eine Präsentationsform, die möglichst vielen Menschen Freude (und Lehre) bereitet. Doch bei der Orgelausstellung übernehmen wir erstmals beide Mandate – Kuration UND Gestaltung! Dafür müssen wir zunächst selbst zu Orgelexpert:innen werden. Wir gehen auf Spurensuche – nach Menschen, Orten, Instrumenten und Geschichten in Archiven, Werkstätten und Museen. Mit dem gesammelten Wissen bewerten wir den Sammlungsbestand im Schloss und entwickeln ein pointiertes, kuratorisches Konzept mit spannender Ausstellungsdramaturgie.
„Wir wünschten uns die Aufwertung der vorhandenen Orgel-Ausstellung im Schloss. Mit ungestalt an unserer Seite ist eine völlig neue, interaktive, einzigartige Ausstellung entstanden. Danke für die Kreativität, Kompetenz und unkomplizierte Zusammenarbeit."
Ina Klemm, Geschäftsführerin Tourismus und Sport GmbH, Schloss Waldenburg
Die Königin der Instrumente
Gestalterische Grundidee
Unser Gestaltungsansatz ist den Merkmalen einer Orgel entlehnt. Beispielsweise ist der Hauptteil des Instruments für Zuhörende normalerweise unsichtbar, was uns den Impuls für einen zick-zack-förmigen Zeitstrahl gibt. Das beruhigt die Eingangsszene, denn erst beim Betreten des Raumes offenbart sich die Textebene. Die Vertikalität und Varianz der Pfeifen inspiriert uns zur Schriftwahl: Die »Pressio« ist eine stark vertikal ausgerichtete Schrift, die in unterschiedlichen Condensed-Schnitten in der Ausstellung zum Einsatz kommt. Alle Ausstellungselemente bedienen sich, der Königin der Instrumente angemessen, einer royalblauen Farbpalette. Mal in warm-eleganten, mal in knallig-aktiven Tönen, je nach gewünschter Raumwirkung und Nutzungsform.
Aus alt macht neu!
Moderne Sammlungspräsentation
Grundlage der neuen Ausstellung ist zum einen die Instrumentensammlung der Sächsischen Orgelakademie, die als Schenkung ins Schloss kam. Und zum anderen die baulich integrierte Orgel der Schlosskapelle, deren gigantisches Pfeiffen- und Windwerk in den rückseitigen Ausstellungsräumen zu sehen sind. Nach Prüfung und Bewertung des Sammlungsbestandes stellen wir eine Auswahl aussagekräftiger Objekte für die neue Ausstellung zusammen. Konkret heißt das: Instrumente und Instrumententeile inszenieren wir neu und betten sie dramaturgisch ein, bestehende Modelle überarbeiten wir gestalterisch und pädagogisch. Das Ganze ergänzen wir um Ausstellungstexte, Bilder, Infografiken und ein spielbares Orgel-Funktionsmodell.
Spiel mich!
Schwerpunkt Interaktivität
Haptik, Optik, Akustik – Instrumente sind ein sinnlicher Genuss! Im Falle der Orgel aber auch ein komplizierter. Deshalb braucht es mehr als Frontalunterricht und lange Lehrtexte, um ihre Funktionsweise zu verstehen. Und weil Theorie durch abwechslungsreiche, interaktive Anwendungen greifbarer und spannender wird, legten wir bereits im kuratorischen Konzept einen Schwerpunkt auf Multisensorik und Interaktivität. Besucher:innen lesen, lauschen, gucken, drücken, klimpern, erzeugen Töne, betätigen Bälge und schlagen Tasten. (Interaktives) Herzstück ist das neu gebaute Funktionsmodell einer Orgel (ein Meisterstück der sächsischen Traditionswerkstatt Jehmlich). Außerdem funktionieren wir Instrumente und Modelle aus dem Sammlungsbestand interaktiv um.
Besondere Herausforderung
Interimsausstellung
Zwar wurde im kuratorischen Konzept bereits die gesamte Ausstellungsfläche (200 qm) inhaltlich geplant, doch stellte sich dann heraus, dass die Räumlichkeiten aufgrund von Fördermittelbestimmungen erst 2022 grundsaniert werden können. Damit bis dahin aber nicht Nichts zu sehen ist, passiert die Ausstellungsumsetzung (und -öffnung) in zwei Stufen, deren erste wir nun präsentieren – eine Interimsbespielung von sechs der insgesamt acht teilsanierten Räume. Für die Gestaltung bedeutet das, dass alle Ausstellungselemente reversibel bzw. aufwandsarm wiederherstellbar sein müssen, ohne dass die Gesamtwirkung an Qualität einbüßt. Raufasertapete und unveränderbare Stromanschlüsse sind nur zwei der vielen Herausforderungen, auf die wir flexible, kreative Lösungen finden.
Orgel, II. Akt
Fazit und Ausblick
Auch wenn die Orgelausstellung noch nicht vollendet ist, so ist ihr erster Teil eine runde Sache, die es zu sehen lohnt und auf die wir unfassbar stolz sind. Nicht zuletzt weil wir mit der ersten, eigenen Kuration Neues wagen – und uns prompt neu verlieben! Das Projekt und die Menschen, die wir entlang der Reise treffen, berühren und bereicherten uns. Durch ihr unglaubliches Wissen, ihre inspirierende Vision, ihre absolute Hingabe zu einem Instrument, das auch wir fortan mit ganz anderen Augen sehen.